Trau Dich und trau Dir was zu!

Etwas zu wagen ist eine tolle Sache. Waghalsig und tollkühn muss man schon sein, wenn man etwas tut, was man aus eigener Erfahrung noch nicht kennt. Es heißt zwar, wer sich in Gefahr bringe, komme möglicherweise darin um, aber mal im Ernst…. in der Regel geht es um Kleinigkeiten, die wir bei anderen beobachten und die wir auch einmal gerne ausprobieren würden.

Hört man sich um, dann sind es meistens die extrovertierten Menschen, die durch Ausgefallenes auffallen und sogleich argwöhnisch beäugt werden. In erster Linie wird augenscheinlich, was man sehen kann, also das Aussehen. Man braucht schon Traute, um wie ein Paradiesvogel durchs Leben zu schreiten. Man muss aber auch nicht mit einer so schwierigen Übung anfangen, um die eigenen Grenzen auszudehnen, um etwas Neues auszuprobieren und um sich endlich einmal etwas zu trauen.

Ich habe mir eine kleine Spezialität zugelegt, die mir Spaß macht und eine größere Bedeutung für mich hat. Ich kaufe mir gelegentlich große klobige Ringe, die ich mit geschärfter Aufmerksamkeit an einzelnen Tagen trage. Ich nenne sie Sinnringe, weil sie etwas verkörpern, was ich ab- und zu gerne nach außen tragen möchte. An den „Philosophentagen“ wähle ich daher den Eulenring, weil die Eule Klugheit symbolisiert. Aber auch Schmuck- und Symbolringe haben für mich die eine oder andere Bedeutung. Die Tage, an denen ich sie trage, werden zu besonderen Tagen, weil ich mich in meiner persönlichen Besonderheit bewusst erlebe. Die klobigen Ringe fühlen sich zudem gut an. Man spürt sie deutlich und mich erinnern sie an Insignien der Macht, also die lange Tradition Herrschaftszeichen zu setzen. Das lässt mich beim Tragen der Ringe meistens innerlich schmunzeln. Deshalb verstehe ich auch sehr gut, warum Tattoos ihren Trägern so wichtig sind.

Sehr häufig wird Argwohn gegen Waghalsige und Tollkühne, also Menschen, die sich etwas trauen, geäußert. Das zeigt nur, dass uns selber etwas fehlt, was uns das Gefühl verschaffen kann, besonders und wertvoll zu sein. Ohne Kreativität und Humor kann man diese Situation kaum lösen. Denn…. Wer hat schon die Bandbreite der Möglichkeiten, die diese scheel Beäugten meistens haben? Man grämt sich ja nicht um den anderen Jedermann und die andere Jederfrau, sondern man schielt oft unvermittelt in die höheren Sphären, wo Geld, Unternehmertum und Popularität im Überfluss herrschen. Ob es dort so lohnenswert ist…. Schwamm drüber, weil wir dort gar nicht sind und Statussymbole und -tätigkeiten allein auch nicht der alleinige Königsweg zu Mehr oder was auch immer sind.

Einen guten Ansatzpunkt bieten diese Schwärmereien und das neidische Schielen auf die Anderen aber schon. Angenommen, man findet Lewis Hamilton beneidenswert, dann hat er etwas, das man selber gerne hätte und hier lohnt sich die Spürhund-Arbeit. Einfach mal eine Liste machen und schauen, was man klasse findet: schneller Rennwagen, tolle Freundin, Paradise-Papers, gutes Aussehen und so weiter. Kurzum, er strahlt ein Selbstbewusstsein aus, das einem schon fast die Sprache verschlagen kann. Aber… er zeigt auch Merkmale, die jeder hat. Er lächelt oft und wirkt sehr sympathisch. Ein rundum nettes Kerlchen also, dem man noch nicht einmal böse sein kann, bei all den Vorzügen. Oder schauen wir uns Cindy Crawford an. Schön und mit Ausstrahlung sogar noch im höheren Alter. Was wir über den schönen Schein hinaus wahrnehmen, ist die Vermutung, dass diese Menschen glücklicher sind als wir, weil sie ein Leben haben, das wir nicht haben. Aber so einfach ist es nicht, das wissen wir auch. Privilegiert zu sein, kann helfen, eine Garantie gibt es aber nirgends.

Ausstrahlung haben wir alle. Wir strahlen, wenn es uns gut geht und wenn wir an uns glauben. Wir strahlen auch noch, wenn es uns nicht so gut geht. Wir verlieren jedoch nur dann unsere Strahlkraft und Würde, wenn wir die Besonderheiten nicht mehr sehen können und wollen, die wir haben und …. die kostbar und schön sind. Dann wird es Zeit, sich etwas zu trauen und das Zutrauen nicht aufzugeben. Am besten besinnt man sich auf das, was man an sich schön findet, was man erwiesenermaßen gut kann, was man gerne macht oder auf das, was man gerne wäre.

Ich habe nicht nur meine Sinnringe, die mich für ein paar Stunden zur heimlichen Sinn- und Symbol-Königin machen, ich überlege mir auch immer wieder, wer ich bin oder sein möchte und mache mir kleine Merkzettel, auf denen diese Besonderheiten in Stichworten vermerkt sind, damit ich mich selber im Strudel der alltäglichen Bedeutungslosigkeit nicht vergesse. Und natürlich schaue ich mir ebenso bei Menschen, die ich toll finde ab, wie man die eigenen Grenzen überwindet und sich mal was traut, was man noch nicht kennt oder kann. Niemand schöpft alles allein aus sich selbst. Egal ob jung oder alt. Man ist nie komplett fertig mit der eigenen Entwicklung und das ist in Ordnung und sogar ein Naturgesetz: Alles verändert sich, nichts bleibt.

Und…. Du weißt noch nicht so recht, wie Du es anstellst? Dann ein ganz simpler Trick für Dich. Wir haben es uns angewöhnt im Kaufen Sinn zu suchen. Geh einfach los und kaufe etwas, was Du sonst nicht kaufen würdest. Etwas, das Dich an Deine Besonderheit erinnern soll. Das kann ein Deko-Element, ein Kleidungsstück oder auch etwas anderes sein. Drappier es so in Deiner Wohnung, dass Du es jeden Tag sehen kannst. Es erinnert Dich an Deine Besonderheit. Berühr es jeden Tag, damit es aktiv erinnert wird. Belass es aber nicht dabei, sondern überleg Dir als nächstes, was Du gerne machen oder unternehmen würdest und tu das ebenfalls regelmäßig. Verbinde die Momente der Besonderheit nicht mit alltäglichen Beschäftigungen, das heißt, Du gehst nicht nebenbei schnell Lebensmittel einkaufen und putzt noch rasch. Nein, eben das nicht, weil Du die Besonderheit dann wieder profan machst.

Also, warte nicht länger ab, sondern erlaub Dir Deinen (immer) ersten Tag der eigenen Besonderheit und mach ihn zur Regel. Viel Spaß.